Schülerin forscht am SFZ Hamburg an einem neuen Kontrastmittel

Schülerin forscht am SFZ Hamburg an einem neuen Kontrastmittel

03.08.2020

Kontrast­mittel, die aktuell bei der Kernspin­to­mo­grafie zum Einsatz kommen, lagern sich im Körper für längere Zeit ab. Am Schüler­for­schungs­zen­trum (SFZ Hamburg) will die 17 Jahre alte Schülerin Aruna Sherma deshalb ein alter­na­tives Mittel aus Nanopar­ti­keln entwi­ckeln. Weil sie während der Covid-19-Pandemie nicht ins Labor kann, nutzt sie die Zeit für Auswer­tungen und Dokumentationen.

Aruna Sherma mit einer schema­ti­schen Abbil­dung eines Nanopar­ti­kels. [Foto: Stiftung Jugend forscht e. V.]

Wenn Aruna Sherma von ihrer Forschung berichtet, klingt sie wie eine Wissen­schaft­lerin, die sich bereits seit Jahrzehnten mit dem Thema beschäf­tigt: kundig, präzise und detail­liert. Dabei ist Aruna Sherma gerade einmal 17 Jahre alt und besucht die zwölfte Klasse der Stadt­teil­schule Walddörfer. Aller­dings hat sie sich in den knapp zwei Jahren, die sie nun am Schüler­for­schungs­zen­trum (SFZ Hamburg) forscht, eine tiefge­hende Exper­tise angeeignet und arbeitet inzwi­schen an der Entwick­lung eines gadoli­ni­um­freien Kontrast­mit­tels für die Kernspin­to­mo­grafie (auch Magnet­re­so­nanz­to­mo­grafie, kurz MRT).

Auf die Idee für das Projekt ist sie während einer Recherche gekommen: „Ich inter­es­siere mich für die Spin-Physik und bin zufällig auf eine Studie aus dem Jahr 2017 gestoßen, in der die Patien­tinnen und Patienten mit Multi­pler Sklerose (MS) merkwür­dige gesund­heit­liche Probleme hatten. Unter­su­chungen ergaben, dass die Erkrankten oft in die Magnet­re­so­nanz­to­mo­grafie mussten, um den Erfolg der medika­men­tösen Behand­lung zu überprüfen“, sagt sie.

Kontrast­mittel ohne Gadolinium

Mithilfe der Magnet­re­so­nanz­to­mo­grafie werden Organe des Körpers detail­liert darge­stellt und krank­hafte Verän­de­rungen sichtbar gemacht. Weil die Methode auf Magne­tismus beruht, sind die Patien­tinnen und Patienten – anders als bei Röntgen­auf­nahmen – keiner Strah­len­be­las­tung ausge­setzt. „Die dabei einge­setzten Kontrast­mittel, die bei einer MS zum Beispiel akute Entzün­dungen darstellbar machen, bergen jedoch Gesund­heits­ri­siken, da sie das Metall Gadoli­nium enthalten“, erklärt Aruna Sherma weiter. Gadoli­ni­um­hal­tige Kontrast­mittel existieren seit 30 Jahren und werden vor der Aufnahme gespritzt. Das Schwer­me­tall ist im Kontrast­mittel gebunden, kann sich aller­dings bis zu andert­halb Jahre im Körper ablagern. „Meine Idee ist, das Gadoli­nium durch Nanopar­tikel auszu­tau­schen“, sagt sie. „Die Nanopar­tikel könnten nicht nur gut verträg­lich sein, sondern würden auch über den Urin wieder ausgeschieden.“

Dazu hat sie das magne­ti­sche Verhalten von Stoffen unter­sucht, um ein geeig­netes Material zu finden. „Entschei­dend war dabei, die sogenannten Relaxa­ti­ons­zeiten zu ermit­teln“, erklärt sie. Als Relaxa­tion wird der Übergang eines Systems in einen Gleich­ge­wichts­zu­stand bezeichnet. Das Gadoli­nium etwa führt im MRT zu einer Verkür­zung der Relaxa­ti­ons­zeiten in den Geweben in der Nähe des Kontrast­mit­tels und damit zu einer helleren Darstel­lung der Organ­struk­turen. In ihren Experi­menten fand Aruna Sherma heraus, dass die Nickel­oxid-Lösung eine ähnliche Wirkung hat. „Somit hat die Nickel­oxid-Lösung ein großes Poten­tial als Nano-Kontrastmittel.“

Preis bei „Jugend forscht“

Für dieses Projekt hat Aruna Sherma bereits im vergan­genen Jahr beim Bundes­wett­be­werb „Jugend forscht“ im Fachge­biet Physik einen Sonder­preis von der Wilhelm und Else-Heraeus-Stiftung erhalten. Dieser ist mit 1.500 Euro dotiert und mit der Einla­dung zur nächsten Versamm­lung der Gesell­schaft Deutscher Natur­for­scher und Ärzte (GDNÄ) verbunden.

Noch vor der Corona-Pandemie hat die Schülerin ihre Nanopar­tikel im Labor an der Univer­sität Hamburg herge­stellt und dann am Univer­si­täts­kli­nikum Hamburg-Eppen­dorf (UKE) getestet. „Am UKE habe ich zum Beispiel die Toxizität der Nanopar­tikel überprüft und heraus­ge­funden, dass die Nanopar­tikel auch in sehr hohen Dosie­rungen nicht giftig waren“, sagt sie.

Dass sie während der Pandemie nicht ins Labor konnte, hat ihrem Projekt­zeit­plan nicht geschadet. Viele der Daten, die sie erhoben hatte, waren noch nicht komplett ausge­wertet und aufge­schrieben. Diese Arbeit hat sie in den freien Wochen zu Hause erledigt. Auch während dieser Sommer­fe­rien will sie daran arbeiten und den Projekt­be­richt fertig­stellen. Sie hofft, dass sie nach den Sommer­fe­rien wieder zurück ins Labor kann, um weitere Tests durch­zu­führen. „Es ist manchmal schon anstren­gend, neben der Schule und den Klausuren noch an dem Projekt zu arbeiten“, sagt Sherma. „Und ich weiß auch nicht, wie es ist, wenn ich nächstes Jahr mein Abitur mache. Aber es macht auch unglaub­lich viel Spaß. Deshalb würde ich nach dem Abitur auch gerne Physik studieren und in die Forschung gehen.“

Spin

Als Spin wird der Eigen­dreh­im­puls von Teilchen bezeichnet. Elektronen zum Beispiel schwirren um den Atomkern, aber sie drehen sich dabei auch um sich selbst. Ein Teilchen mit einem Spin besitzt meist auch ein magne­ti­sches Moment, dieser Effekt wird bei der Magnet­re­so­nanz­to­mo­gra­phie zur bildli­chen Darstel­lung der inneren Organe genutzt.

Das Schüler­for­schungs­zen­trum Hamburg

Das Schüler­for­schungs­zen­trum Hamburg bietet Schüle­rinnen und Schülern einen Raum und profes­sio­nelle Unter­stüt­zung für eigene Forschungs­pro­jekte mit natur­wis­sen­schaft­li­chem oder techni­schem Fokus. Ziel ist es, Talente in Mathe­matik, Infor­matik, Natur­wis­sen­schaften und Technik (MINT) zusam­men­zu­bringen und zu fördern. Das Schüler­for­schungs­zen­trum Hamburg ist ein gemein­sames Projekt von Behörde für Schule und Berufs­bil­dung, Joachim Herz Stiftung, Körber-Stiftung, NORDME­TALL und Univer­sität Hamburg.

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